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07.03.2012
Kein Grund für Veränderungen

Am Ende spendeten die zahlreichen interessierten und betroffenen Zuhörer ihrem Chef lang anhaltenden Applaus wie einem dreifachen Torschützen, der den Platz in der 85. Minute verlässt. Christian Eichhorn, Leiter der Iserlohner Berufsfeuerwehr, hatte soeben in der gemeinsamen Sitzung von Finanz- und Feuerwehrausschuss weite Teile des Forplan-Gutachtens zur Ermittlung von Sparpotenzialen bei der Feuerwehr in Schutt und Asche gelegt und gleichzeitig beste Werbung in eigener Sache betrieben.

Auch wenn am Mittwochabend keine Beschlüsse gefasst werden sollten, wie es Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens eingangs betont hatte, dürfte nach dem Vortrag des Feuerwehrleiters nun doch zumindest feststehen, dass kritische und höchst sensible Entscheidungen wie etwa die Aufschaltung des Notrufs 112 auf die Kreisleitstelle allein im politischen Ermessensspielraum der Ratsfraktionen liegen.

Nur gut eine Stunde hatte die Sitzung in der Fahrzeughalle der Wache an der Dortmunder Straße gedauert, doch die Faktendichte, die Eichhorn den Politikern in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit Veröffentlichung des Gutachtens präsentierte, dürfte die Ratsleute deutlich länger beschäftigen bei ihrer Entscheidungsfindung. In der Tat hatte Eichhorn drei Volltreffer erzielt bei seiner Auseinandersetzung mit der seit Ende 2011 vorliegenden Untersuchung. So entkräftete er die Feststellung, dass die Iserlohner Wehr im Vergleich zu anderen Einheiten relativ teuer sei, rechtfertigte die Iserlohner Besonderheit, eine elfte Funktionsstelle für Einzelfallhilfe im Löschzug vorzuhalten und erläuterte, dass es keine rechtlich zwingenden Gründe gibt, den Notruf nach Lüdenscheid abzugeben.

Stichwort Kosten: Mit dem zur Verfügung stehenden Personal und Material gelinge es der Berufsfeuerwehr, in 83 Prozent der Fälle das vom Rat vorgegebene Schutzziel einzuhalten, hob Eichhorn zunächst hervor, dass sich die Iserlohner Truppe qualitativ vergleichsweise deutlich besser präsentiert als die anderen sechs Wehren, die in den Forplan-Vergleich einbezogen worden waren. Dies bedeute aber eben nicht, dass an der Dortmunder Straße ein exorbitanter finanzieller Mehraufwand entstünde. Bei dem Abgleich der Daten, so Eichhorn, seien in dem Gutachten vielmehr relevante Positionen nicht in Ansatz gebracht worden. Hierzu gehören nach Aussage des Feuerwehrchefs Pensionsrückstellungen in sechs- bis siebenstelliger Höhe ebenso wie die von der Feuerwehr zu leistende Mietzahlungen über jährlich 600 000 Euro an das Kommunale Immobilienmanagement. Allein der KIM-Posten beispielsweise mache rund zehn Prozent des Gesamtbudgets der Feuerwehr aus. Der Gutachter-Vergleich habe daher keine wirkliche Aussagekraft, weil diese Kostenblöcke in den Etats anderer Einheiten nicht gesondert ausgewiesen würden, sondern statt dessen im allgemeinen Haushalt verschwänden. Die Iserlohner Berufsfeuerwehr, so Christian Eichhorn, sei zu einem Vergleich jederzeit bereit - dann allerdings auf der Basis von belastbarem Datenmaterial.

Dass die Iserlohner Wehr - anders als allgemein üblich, - einen Löschzug mit elf statt mit zehn Mann ausstattet, begründete Leiter Eichhorn unter anderem mit zusätzlichen Aufgaben wie etwa der Ölspurbeseitigung, die den Blauröcken von der Stadt im Rahmen der so genannten Einzelfallhilfe übertragen worden sei. Zudem werde durch die zusätzliche Stelle gewährleistet, dass der Löschzug auch bei spontanen Krankheitsfällen mit zehn Mann ausrücken könne. „Andernfalls wäre eine Schutzzielerfüllung von 83 Prozent nicht mehr möglich“, so Eichhorn. Ein Kostenvorteil ergebe sich überdies für die Kommune, weil durch den elften Mann Einsatzcontainer bedarfsgerecht auf eines der drei vorhandenen Fahrgestelle positioniert würden. Bei einem Verzicht auf die „Nummer 11“ hingegen müsste die Feuerwehr acht bereits komplett mit Containeraufbauten ausgerüstete Fahrzeuge vorhalten.

Seinen letzten, vielleicht größten Trumpf spielte der Feuerwehr-Chef dann bei der Leitstellen-Frage aus. Anders als vom Gutachter dargestellt habe das NRW-Innenministerium per Erlass vom 24. Februar dieses Jahres festgestellt, dass die DIN-Norm 50518 bei der Besetzung der Leitstelle nicht anwendungspflichtig sei. Forplan hingegen hatte zuvor erklärt, dass auf der Basis dieser Norm zusätzliches Personal an der Dortmunder Straße beschäftigt werden müsse, um rechtliche Anforderungen einzuhalten. Als Alternative em­pfahl der Gutachter die Aufschaltung des Notrufs auf die Kreisleitstelle in Lüdenscheid. Christian Eichhorn: „Wenn aber die DIN nicht zutrifft, dann gibt es auch keinen Grund, hier Veränderungen vorzunehmen.“ Die Entscheidung, ob die Iserlohner Feuerwehr ihre bisher vom Rat so gewünschte Selbstständigkeit behalten soll, sei nunmehr ausschließlich politisch zu treffen.

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